Folgender Sachverhalt ist gestern passiert:
In einem Endspiel Turm gegen Springer bei 2 gegen 4 Bauern (unser Spieler war die Turmpartei) zog der Gegner seinen Springer von b5 nach c8 mit Schach. Unser Spieler merkt den regelwidrigen Zug nicht, schreibt ihn sogar auf und reklamiert somit auch nicht.
Einer unserer Mitspieler hat es bemerkt und kam zu mir um mir davon zu berichten, worauf ich mir das Brett ansah und den Mannschaftsführer der Heimmannschaft (in seiner Funktion als Schiedsrichter) aufsuchte und ihn bat, diese Partie auf einem separaten Brett zu rekonstrurieren um zu schauen ob es wirklich ein regelwidriger Zug war. Da beide Spieler einige Züge zuvor Sb5 notiert hatten, war es eigentlich eindeutig. Der Schiedsrichter meinte, dass der Spieler das schon selbst reklamieren müsse. Diese Gespräch verlief ruhig aber auch nicht lautlos, so dass es zwar nicht unser Spieler aber halt der gegnerische Spieler hörte worauf dieser bedröppelt sofort aufgab. Sein Problem war dass er keinen anderen vernünftigen Springerzug mehr hatte.
Jetzt mal die Frage an Euch: Kann ich als Mannschaftsführer (der ich hier vertretungsweise war) dies überhaupt reklamieren oder hatte der Kollege recht, der meinte nur der Spieler selbst könne das reklamieren (und dann natürlich die Frage: Darf ich unseren Spieler darauf aufmerksam machen und kann der Fehler auch noch später, also nach einem eigenen Zug unseres Spielers reklamiert werden ?)
PS: Zur Krönung des Ganzen: An einem anderen Brett ist dies auch passiert woraufhin der Vereinsvorstand des Gegners (der eigentlich vollkommen unbeteiligt war und mit einer anderen Mannschaft im selben Spiellokal spielte aber halt auch bei uns als extrem regelkunig bekannt ist) den Zug zurücknehmen liess und unserem Spieler 2 Min. von der Uhr abzog. Da dies kurz nach dem ersten Vorfall passierte habe ich es als Ausgleich für meine evtl. unangebrachte Reklamation auch nicht reklamiert. So geht es halt zu wenn man in der Gummibärchenklasse spielt.
Zunächst die einfache Frage:
Ein regelwidriger Zug kann reklamiert werden, solange die Partie noch läuft. Erst wenn ein Spieler aufgegeben hat (oder die Partie auf eine andere Weise beendet ist), ist es zu spät. (FIDE-Regeln Artikel 7.4)
Wenn der Zug nicht sofort reklamiert wird, muss die Stellung unmittelbar vor dem regelwidrigen Zug wieder aufgebaut werden (wenn die nicht bekannt ist, z.B. weil in Zeitnot niemand mitgeschrieben hat, die letzte bekannte Stellung vor dem regelwidrigen Zug).
Auch die Uhr wird zurückgestellt, möglichst auf die Bedenkzeit der Spieler vor dem regelwidrigen Zug. Die genauen Zeiten bestimmt der Schiedsrichter nach bestem Ermessen. (Art. 7.4 und 6.14)
Die schwierigere Frage ist, ob der regelwidrige Zug von einem Spieler reklamiert werden muss.
Einfache Antwort, die nur leicht daneben liegt: Wenn der Schiedsrichter selbst einen regelwidrigen Zug sieht, muss er eingreifen, auch wenn kein Spieler reklamiert.
Als Mannschaftsführer darfst du den Regelverstoß nicht selbst reklamieren, und du darfst auch dem Spieler keinen Hinweis geben. Aber du darfst den Schiedsrichter auf den Regelverstoß hinweisen (hast du getan – soweit korrekt).
Nebenbei: Der regelkundige Vereinsvorstand darf natürlich auch nicht selbst eingreifen, sondern muss sich an den Schiedsrichter wenden. Und er kann seine Regelkunde mal ein wenig auffrischen. Bei einem regelwidrigen Zug eines Spielers wird dem Spieler keine Bedenkzeit abgezogen, sondern der Gegner bekommt 2 Minuten zusätzliche Bedenkzeit. Beim dritten regelwidrigen Zug eines Spielers verliert er die Partie (Art. 7.4.b).